Im Dezember zieht der Geist der Weihnacht alle Register und versprüht einen besonderen Zauber, dem nicht mal ich mich entziehen kann. Also eile ich geschäftig in den Keller, krame die übers Jahr in die hinterste Ecke gewanderten Kisten hervor und schleppe sie nach oben. Mein Mann rollt mit den Augen, aber weiß, Widerrede hat keinen Sinn. Es wird dekoriert, an manchen Stellen etwas überdimensioniert, aber sonst sieht das Ganze schon recht einladend aus. Dann folgt das nächste Thema, liegt mir jetzt nicht wirklich. Ich mache es trotzdem. Für die Kinder und die anderen.
Backen.
Denn spätestens als die Mama der Freundin meiner Tochter mit einer Collage aus über 20 verschiedenen Plätzchen bei der Tür hereinschneite (jetzt weiß ich, warum dieses Wort so passend ist), war mein Ehrgeiz vollends geweckt. Ich habe in Gedanken schon mal die Ärmel hochgekrempelt und war bemüht, die Erinnerung an das jährliche Plätzchen-Debakel zu verdrängen. Nämlich an genau diese Begegnungen verbunden mit jeder Menge Rechtfertigung, warum man gar kein selbstgebackenes oder kein außergewöhnliches, wohlduftendes und wohlschmeckendes Weihnachtgebäck „gebacken“ bekommt. Alle anderen drum herum klopfen sich begeistert auf die Schulter und tauschen Rezepte wie ich Sammelkarten für meine Kids. Das kann ich, voll durchgeplant, sogar mit Excel-Tabelle. Mir klopfte also keiner auf die Schulter, meine Verweigerung liebevoller Backkunst führte zu Schnappatmung bei den Supermamis. Vielleicht haben sie aber auch keine Oma wie ich: Anruf genügt, die fertigen Plätzchen kannst morgen abholen.

Mein Sportgeist ist also geweckt und nachdem die schnatternde Backmutti endlich die Wohnung verließ, schnapp ich mir die Küchenwaage, suche ein Rezept nach dem Motto „kinderleicht“ (wenn´s sich für Kinder eignet, dann auch für mich) aus dem Internet und packe all die Zutaten auf den Küchentisch. Die Streudeko ist über die Jahre etwas blass geworden, aber hey, Zucker hält ewig (wie auch auf den Hüften). Die Aufregung ist groß, die Zuschauer strömen in die Küche und wundern sich über meinen frischen Elan. Natürlich bieten die Kids gleich ihre Hilfe an, wenn Mama mal wieder versucht zu backen, dann ist das immer schon ein lustiges Spektakel! Zutaten mischen, Teig kneten…. Kein Problem. Klebt ein wenig… Mehr Mehl, noch mehr… Der Teig ist etwas zu bröselig. Mehr Milch muss her und noch ein wenig mehr Honig schadet auch nicht. Ausrollen, ausstechen, ab in den Ofen…. Kinderleicht! Das Telefon klingelt, ich gehe ran und ich drehe nebenbei den Ofen auf, kratze den restlichen Teig aus der Schüssel, wasche die Formen. Plätzchenduft? Fehlanzeige. Es riecht verbrannt. Ich würge den Anrufer ab, stürze zum Ofen und rette, was zu retten ist, denn Improvisation beherrsche ich! Kann es schlimmer kommen? Ja!
Es klingelt und meine Schwiegermutter steht vor der Tür. Ich biete ihr einen Platz auf der Couch an, weit genug von der Küche. Ich versuche die verbrannte Oberfläche vom Gebäck zu kratzen, versuche mit jeder Menge Puderzucker eine optische Verbesserung zu erzielen und stelle sie mit einem Kaffee auf den Couchtisch. Aber ihr wisst ja wie das ist: Schwiegermütter sehen, schmecken und riechen alles, und meistens kommentieren sie es auch, verbunden mit all den nicht endenden Ratschlägen zur perfekten Haushaltsführung.
Ganz ehrlich, ich gebe es auf! Und ich sag euch eines: Mittlerweile denke ich nicht mehr, dass man eine Rabenmutter ist, nur weil man keine Lust hat zu backen. Das tägliche Essen kochen ist ja schon ein leidiges Thema (bei meinem Glück, übernimmt das mein Ehemann, dann kann man das auch wirklich Nahrung nennen). Und eine Lösung für das Problem ab und an mal einen Kuchen zu servieren habe ich auch schon gelöst: Oma oder Backmischung. Beides empfehlenswert mit Stern.